Schottern 2.0

Schottern 2.0

Schottern 2.0 - Madeleine

Herrlich geschlafen hier oben auf dem Großen Bernhard.

Vorm Frühstück treffe ich den Kai, der den herrlich frischen und sonnigen Morgen genießt, dem schließe ich mich an und mache ein weitere Fotorunde. Vorher schaut man sich nochmal die Bikes an, schaut nach Ölstand, drückte den Daumen mal auf den Reifen ob noch Druck drauf ist.

Bei André ist uns gestern schon aufgefallen das seine Kette sehr ölig ist, auch hat es heute morgen unterhalb vom Ritzelkasten einen kleinen Ölfleck, das werden wir weiter beobachten müssen.

Weder André noch Kai wissen wo es genau lang geht, die haben auch im Vorfeld nicht nachgefragt. Kai kennt den Film aus 2012, weiß also das es auch grober werden kann, mehr braucht es nicht, die haben ja mich. So macht es das Reisen entspannter, besonders für den Vorausfahrenden, keine Diskussionen "...Du hättest da hinten aber links..." usw. Improvisieren gehört eben auch zum Navigieren.

 

Hier gibt also nur einer die Richtung vor.

Um 9 Uhr treffen wir André beim Frühstück.

Wenn denn der erste Schotter kommen würde werde ich gefragt.

Ich muss nachdenken und skizziere im Geiste den wahrscheinlich von mir gestrickten Routenverlauf, es dauert bis ich diesen zusammenbekomme.

 

Zuerst runter nach Aosta, nun rauf zum kleinen Bruder des Bernhard dem Petit Bernard,  auf der anderen Seite unten im Tal wieder nach Norden zum Lac Roselend, wo ich denke und vorschlage das wir am gegenüberliegenden  Col du Pré unsere Mittagspause machen könnten.

Beide kennen das Auberge dort oben und freuen sich schon darauf.

Ja und dann geht's über den Col de Areches, das wäre unsere erste Schotterstrecke, zum Eingewöhnen genau richtig, für Kai mit seiner 950er das erste mal auf losem Untergrund, ein bisschen nervös ist er, das merkt man und verstehen kann ich es auch. Ich versuch ihm die Sorgen mit gutem Zureden zu nehmen.

 

2012 hatten André und ich dort oben gewendet, wir kamen damals allerdings aus dem Jura und sind erst danach über den Col du Pré und am Lac Roselend vorbei, über den Areches stand damals nicht auf dem Plan

 

Danach geht's über den Col de la Madelleine, was André auch ein Lächeln ins Gesicht zaubert, da oben in den Liegekissen konnte er schon immer gut wegnicken. Ich denke da irgendwo werden wir ein Hotel suchen.

 

Nach dem Frühstück, die Bikes sind gepackt, ich befestige das erste mal die 360° Kamera auf dem Helm und Filme die Abfahrt nach Aosta.

 

Zum Kleinen Bernhard fahren wir über den Colle San Carlo, vorher bestaunen wir noch einen Wasserfall am Straßenrand (Torrente Lantaney sagt die Karte) und schauen nun langsam recht besorgt auf den Motorschutz von André, der Ölaustritt wird merklich mehr und so richtig zuordnen wo das herkommt können wir noch nicht. Sieht aus wie ein zu stark eingestellter Kettenöler, so einen hat er aber nicht.

Unten der Kleine Bernhard, diesen Pass finde ich landschaftlich noch beeindruckender als den Großen. Hier halte wir uns nicht lange auf, kurz mal fotografieren und schon geht's weiter.

Bei Bourg-Saint Maurice unten im Tal, bevor es zum Lac Roselend wieder in die Berge geht, tanken wir noch schnell, hier bleiben wir keine Sekunde länger als nötig, so heiß ist es hier.

Die Strecke zwischen BS-Maurice und  dem Cormet de Roselend kenne ich sehr gut, fahre diese meistens von Nord nach Süd, dieses mal geht's hoch in den Norden und das macht nochmal soviel Spass.

Es ist erstaunlich wie flott und schräg ich mit den Metzeler Enduro 3 die Kurven durchschwingen kann, die Wendigkeit der 690er tut ihr übriges. Ich habe mich heute am 3. Tag wieder komplett umgestellt und an sie gewöhnt, ein tolles Motorrad und für den Mix aus Straße und Gelände genau richtig. Einzig das Sitzmöbel, was ich anfangs in den Himmel gelobt habe, macht mir nun schon drei Tage zu schaffen, vermutlich verwöhnt vom SDR Sattel. Irgendwas ist halt immer.

 

Das Auberge am Col du Pré ist schon in Sicht, den Lac Roselend umfahren wir zügig und freuen uns auf eine Pause, eine Kleinigkeit Essen und reichlich Trinken.

Obwohl um die 1500 Meter hoch ist es auch hier um die 30°, im Schatten unbewegt lässt es sich aushalten.

 

Nachdem wir uns gestärkt haben, machen sich André und Kai auf die Suche wo das Öl an Andrés KTM herkommt. Verkleidungsteile werden abgeschraubt, der erste Verdacht es könnte was mit der Motorentlüftung zu tun haben, bestätigen sich nicht. Erst als die Ritzelabdeckung abgeschraubt wird, sehen wir was passiert ist. André hatte beim Händler ein kleineres Ritzel einbauen gelassen, die Schraube war vollständig lose und der Sicherungsring wurde nicht umgeschlagen. Beängstigend -  ich weiß ja wenn der Richtige es liest ärgert er sich mehr als wir, also belassen wir es mal hier mit der Häme.

Das Problem konnten wir aber recht einfach mit den Bordmitteln beheben. Nachdem die Mutter angezogen und gesichert war, der dahinter liegende Simmerring somit wieder ans Gehäuse gedrückt wurde, war das Leck geschlossen. Hoffentlich die letzte lose Mutter am Bike, diese hier hatte André aber nicht zu verantworten.

Als dass erledige war, die KTM wieder im Fahrzustand war, wurde nochmal was getrunken und wir fuhren los. Nein nicht wir, André suchte nun seinen Schlüssen. Kai und mir war es zu warm und wir fuhren nach kurzem warten, als André anfing wieder alle Taschen links zu machen, zum Col du Pré ein paar hundert Meter von hier, dort gibt es ein paar Tannen wusste ich und daher vermutlich auch Schatten, da stellten Kai und ich uns erstmal rein. In der Werkzeugtasche fand André nach gut 10 Minuten auch seinen Schlüssel und es ging endlich rauf zum Col de Areches.

Der erste Schotter, alles ganz easy.

 

André hat Stress, Ärger in der Firma und muss ständig telefonieren oder e-Mails beantworten, blöd wenn so der Urlaub anfängt, helfen kann man ihm da leider nicht.

 

Geschafft, ein sehr schöner Pass die Landschaft runter nach Aime wunderschön. Will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen aber den kann man auch mit dem Straßenmotorrad gut fahren. Der Schotteranteil ist nicht so lange.

Bevor wir später auf die D213 rauf zum Col de la Madeleine fahren tanken wir nochmal.

Ich gebe danach ordentlich Gas und lass die 690er hier hoch fliegen und hab viel Spass dabei.

 

Wirklich das Panaché schon angetrunken und die beiden sind immer noch nicht da. Muss ich mir etwa Sorgen machen? Die Antwort überlege ich mir erst nachdem ich es getrunken habe entscheide ich.

Dann hör ich sie endlich, André kommt euphorisch - er hat ja Zeit.

Und Kai ist erstmals fertig mit der Welt, es war sehr heiß heute und der Trinkrucksack ist bei diesen  Temperaturen auch in Gold nicht aufzuwiegen. Kai hat zwar bei den Pausen immer mal an seiner Wasserflasche genippt aber der halbe Liter war deutlich zu wenig.

 

Ist und bleibt das einzigste mal, das Kai bei der Tour schwächeln wird.

In Saint-Francois Longchamp 1650 haben wir über eine Buchungs App unserer Zimmer gebucht, also trinken wir alle noch was hier oben und genießen gemeinsam den Ausklang des Tages.

 

Der Mont Blanc in Sichtweite.